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Die Von Roll Holding AG ist ein weltweit tätiger Schweizer Industriekonzern, der heute auf Erzeugnisse zur Energiegewinnung spezialisiert ist. Historisch war die Von Roll vorrangig bedeutend für ihre Eisenwerke und Giessereien.
Unternehmensform: Aktiengesellschaft
Gründung: 1803
Unternehmenssitz: Breitenbach, Schweiz
Mitarbeiter: 2.086 (31. Dez. 2007)
Website: www.vonroll.com

Geschichte
1803 plante Karl Dürholz als Vertreter der Solothurner Firma Felix Brunner und Cie. die Errichtung eines Schmelzofens in Matzendorf. Er machte sich kurz darauf mit seinem Bruder selbstständig und gründete die "Eisenwerke der Handelsgesellschaft der Gebrüder Dürholz & Co." Der Ofen wurde aus unbekannten Gründen nicht in Matzendorf gebaut, obwohl eine Bewilligung des Kleinen Rats von Solothurn vorlag, jedoch später in Gänsbrunnen, wahrscheinlich 1805. Ratsherr Ludwig von Roll (1771-1839) trat 1809 in die Firma ein, die er 1810 zusammen mit Peter von Glutz und den Eisenwerksbesitzern Viellard und Antonin aus Belfort übernahm. Die Firma nannte sich nun Ludwig von Roll & Cie.
1810 erhielt die neue Firma die Bewilligung zum Betrieb von zwei Hochöfen in Gänsbrunnen und in der Klus bei Balsthal, einer Hammerschmiede in Matzendorf und zur Erzgewinnung. 1812 wurde eine weitere Hammerschmiede in Niedergerlafingen errichtet.
Nach finanziellen Schwierigkeiten in den frühen 1820er Jahren schieden Viellard und Antonin aus der Gesellschaft aus. 1823 gründeten die verbliebenen Gesellschafter von Roll und von Glutz die neue Aktiengesellschaft Gesellschaft der Ludwig von Roll'schen Eisenwerke mit Sitz in Solothurn. Es dürfte sich dabei um eine der ältesten Aktiengesellschaften der Schweiz handeln. Die Bezeichnung der Firma wurde fast 140 Jahre lang, bis 1962, beibehalten. Der erste Direktor war Joseph Lack aus Kappel. 1827 erwarb die neue Gesellschaft die Werke der alten Ludwig von Roll. & Cie., die sie zuvor pachtweise übernommen hatte.
Ab 1825 liefen die Geschäfte der von Roll'schen Eisenwerke dank starker Nachfrage nach Eisen in Grossbritannien und Frankreich sehr gut. Zunehmender Bedarf an Gusswaren führte 1828 zur Errichtung einer Giesserei in der Klus, in der direkt aus dem Hochofen gegossen wurde. 1836 folgte ein Walzwerk in Gerlafingen. Da die eigenen Hochöfen nicht mehr genügend Roheisen für den stetig steigenden Bedarf der von Roll'schen Eisenwerke liefern konnten, wurde für einige Zeit auch Roheisen aus dem Ausland bezogen. Nach Verbesserungen an den bestehenden Hochöfen und der Errichtung eines grösseren Hochofens in Choindez (Gemeinde Courrendlin) im Jahr 1846 konnten aber wieder genügend Roheisen für den Eigenbedarf produziert und sogar Überschüsse verkauft werden. Als schärfste Konkurrenten galten in dieser Zeit die badischen Eisenhütten.
Die Ludwig von Roll'schen Eisenwerke gewannen ihr Erz anfänglich ausschliesslich im Kanton Solothurn, hauptsächlich aus Gruben bei Balsthal, Matzendorf, Laupersdorf und Ramiswil, neben weniger ergiebigen Grabungen. Nach wenigen Jahren ging jedoch die Ergiebigkeit der solothurnischen Gruben stark zurück und es wurde vermehrt Erz aus dem Berner Jura bezogen. Im Zusammenhang damit steht auch die Errichtung des Hochofens in Choindez, von dem Direktor Lack sagte: "Solange irgendwo im Jura Eisen produziert wird, wird dieses Werk seinen Rang beibehalten", was sich als zutreffend erwies: Als die Erzverhüttung in Choindez 1982 (dannzumal mit einem elektrischen Ofen) eingestellt wurde, handelte es sich dabei längst um die letzte Anlage in der Schweiz. Das Walzwerk in Gerlafingen wurde in den 1840er Jahren mehrfach vergrössert. 1845 gab von Roll den Hochofen in Gänsbrunnen auf.
Vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung der Schweiz in den 1850er Jahren profitierten auch die von Roll'schen Eisenwerke, insbesondere durch die aufkommende Eisenbahn und den zunehmenden Bedarf an Rohrleitungen für Gas- und Wasserwerke. 1858 wurden im Hochofen Choindez 2040 t, im Hochofen Klus 1530 t Roheisen produziert. An Schmiedeeisen wurden in Gerlafingen 1300 t, in Choindez 485 t erzeugt, hinzu kamen 410 t Gusswaren in der Klus. Ab 1859 liefen die Geschäfte jedoch wieder schlechter. Negative Auswirkungen hatten insbesondere der Sardinische Krieg und der vorübergehend abnehmende Eisenbahnbau. Seit den 1850er Jahren stellte man in Choindez Gussröhren her.
Ab 1867 wurde die Feuerung des Hochofens Choindez von Holzkohle auf Koks umgestellt. Der Ofen war dafür nicht gut geeignet und wegen hoher Kokspreise wurde 1873 kurzfristig wieder auf Holzfeuerung umgestellt. 1877 konnte jedoch ein neuer koksgefeuerter Hochofen mit wesentlich höherer Produktion (4200 t) in Betrieb genommen werden. 1873 verlegte die Gesellschaft ihren Sitz von Solothurn nach Gerlafingen.
1880 übernahm von Roll die Eisenwerke von Undervelier und brach den dortigen Hochofen ab. Hedinger schreibt in seinem Aufsatz in der Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Firma offen, dass sich die von Roll'sche Gesellschaft mit dem Kauf "nicht nur einen Konkurrenten beim Eisenverkauf und Holzeinkauf vom Halse" schaffte, sondern "was ihr namentlich wichtiger war, in den Besitz von weiteren 7/18 Anteilen an der gemeinsamen Delsberger Erzkonzession [kam], so dass sie nach dem Kauf 14/18 besass." 1883 erwarb von Roll das Werk in Rondez von der in Liquidation getretenen Société des Forges de Vallorbe et des Rondez. Dazu gehörte ein alter Hochofen in Delémont (Delsberg), den von Roll abbrach, und ein Holzkohlenofen in Rondez, der noch einige Jahre weiterbetrieben wurde. Von Roll kam durch den Kauf in den Besitz fast aller Erzkonzessionen im Delsbergertal und konnte die wenigen fehlenden später noch erwerben. So verblieben in den 1880er Jahren von den früher zahlreichen jurassischen Eisenhütten nur die Werke der Firma von Roll in Gerlafingen und Choindez.
Mit Eisen, Gussröhren und Armaturen beteiligten sich die Ludwig von Roll'schen Eisenwerke bereits an den Leistungsschauen in Bern 1848 und 1857 sowie 1873 an der Weltausstellung in Wien. In grösserem Umfang trat die Gesellschaft an den ersten Schweizerischen Landesausstellungen 1883 in Zürich und 1896 in Genf auf.

20. Jahrhundert
1914 produzierte der Hochofen von Choindez als bereits einziger verbliebener Hochofen der Schweiz 22.000 t Roheisen pro Jahr, womit er die Gesamtproduktion der neun schweizerischen Hochöfen im Jahre 1858 um mehr als 50 % übertraf. Die überbaute Fläche der von Roll'schen Werke betrug 161.393 Quadratmeter. Die Gesellschaft errichtete im Laufe der Zeit Wohnhäuser für das Personal, dies aufgrund der isolierten Lage der älteren Werke und der Erweiterung aller Werke. Zum Zeitpunkt der Landesausstellung 1914 in Bern waren es 815 Wohnungen sowie Logierhäuser für ledige Angestellte und Arbeiter mit 483 Betten. Das Unternehmen rühmte sich "geräumiger, modern eingerichteter Speiseanstalten", in denen die Arbeiter "zu bescheidenem Preise gute, nahrhafte Verpflegung (Mittagessen bestehend in Suppe, Fleisch, Gemüse und Brot)" erhielten.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde auch in der Schweiz die Generalmobilmachung angeordnet und die von Roll'schen Eisenwerke konnten ihren Betrieb anfänglich nur in beschränktem Umfang fortführen. Das Werk Klus stand drei Wochen still, während die Werke Choindez, Rondez und Undervelier fast ständig mit Truppen belegt waren, da sie sehr nahe an der Grenze lagen. Nach einer Reduktion der für den Grenzschutz aufgebotenen Truppen konnten die Werke langsam wieder den vollen Betrieb aufnehmen, hatten aber mit der zunehmend schwieriger werdenden Rohmaterialbeschaffung aus dem Ausland zu kämpfen. Sofort zu Kriegsbeginn verhängte die deutsche Regierung ein Ausfuhrverbot für Kohle und der Betrieb des Hochofens in Choindez musste eingestellt werden. Später konnte der Bundesrat die deutsche Regierung dazu bewegen, die Kohlenausfuhr nach der Schweiz zu erlauben. Dadurch war die Kohlenversorgung der Schweiz und der von Roll'schen Werke bis Ende 1916 gesichert. Von da an wurde jedoch wesentlich weniger Kohle aus Deutschland geliefert. Ab 1917 nahm man daher verstärkt die Ausbeutung von Torfvorräten in der Schweiz als Ersatzbrennstoff in Angriff. Von Roll beteiligte sich an einer Schweizerischen Torfgenossenschaft und beutete selbständig ein Torflager in Montfaucon aus. Die Kosten waren trotz guter Torfqualität jedoch unverhältnismässig hoch. Bei Buix in der Nähe von Porrentruy wurde durch Tiefbohrungen nach Kohle gesucht, man stellte diese jedoch wieder ein, nachdem auch in einer Tiefe von über 1000 m immer noch keine Kohle gefunden worden war.
Auch der Flussstahl aus Deutschland wurde teurer, 1917 kostete Halbzeug 420 Franken pro Tonne, 1918 schon 700. Dies führte dazu, dass in Gerlafingen ein eigenes Stahlwerk errichtet wurde. Man baute einen Siemens-Martin-Ofen und einen Elektroofen. 1922 ging ein weiterer Elektroofen in Betrieb, der Siemens-Martin-Ofen jedoch wurde aufgrund hoher Löhne und Kohlenpreise bereits 1921 stillgelegt. Von Roll entwickelte für seine Elektroöfen eine neue Beschickungsmethode, von oben mit Mulden statt durch die Tür. Dieses Verfahren setzte sich anschliessend weltweit durch.
Während des Zweiten Weltkriegs kehrte der Schweizer Metallurge Robert Durrer aus Berlin zurück und entwickelte in Gerlafingen ein neues Stahlherstellungsverfahren, bei dem mit reinem Sauerstoff gefrischt wird. Das Verfahren war jedoch in Gerlafingen nicht wirtschaftlich, da es grössere Mengen an Roheisen, als das Werk liefern konnte, benötigte. Es wurde später in Österreich weiterentwickelt und als Linz-Donawitz-Verfahren bekannt.
An der Generalversammlung vom 29. Mai 1962 änderte die Firma ihren Namen von Gesellschaft der Ludw. von Roll'schen Eisenwerke A.G. in Von Roll AG ab. Begründet wurde dies damit, dass die Bezeichnung "Eisenwerke" angesichts des stark erweiterten Fabrikationsprogramms zu eng geworden und in der praktischen Anwendung zu kompliziert sei. Die durch die Ölkrise 1973 verursachte Wirtschaftskrise versetzte der Von Roll, wie der gesamten Schweizer Industrie, einen schweren Schlag. Das Unternehmen entwickelte sich dadurch zu einem endlosen Sanierungsfall.
1988 übernahm Von Roll die Isola-Werke in Breitenbach von der United Technologies Essex Group, welche die Schweizerischen Isola-Werke 1982 übernommen hatte. In den 1990er Jahren nahmen die Schwierigkeiten Jahr für Jahr zu. Das 1977 von Von Roll erworbene Stahlwerk Monteforno in Bodio, Kanton Tessin, wurde per 31. Januar 1995 geschlossen.
1996 trennte sich Von Roll von ihrem traditionellen Kerngeschäft, der Stahlherstellung in der Schweiz. Aus dem Werk Gerlafingen wurde mit der Von Moos AG die Swiss Steel, die 2003 von Schmolz + Bickenbach übernommen wurde. Schmolz + Bickenbach wiederum verkaufte die Stahl Gerlafingen AG 2006 an die italienische Beltrame-Gruppe. Auch den Bereich Seilbahnen verkaufte Von Roll 1996. Käufer war das österreichische Seilbahnunternehmen Doppelmayr.
1997 war von Roll vollständig aus dem Stahlgeschäft ausgestiegen, nachdem auch noch die New Jersey Steel Corporation in den USA verkauft wurde. Darüber hinaus wurden in den 1990er Jahren die Monorail-, Hydraulik-, Elektrokabel- und Filtrationsgeschäfte verkauft.
1997 erwarb Von Roll die Giesserei Voith Guss GmbH in Heidenheim an der Brenz, die 1911 vom Maschinenbaukonzern Voith gegründet worden war. Nach Insolvenz dieser Tochtergesellschaft Von Roll Voith Guss GmbH wurde sie Anfang 2005 von einer Tochtergesellschaft von Voith, der Heidenheimer Gießerei GmbH & Co. KG, zurückerworben.
Als die drei Kernbereiche der "neuen" von Roll verblieben von Roll Inova mit der Umwelttechnik, von Roll Isola mit Elektro-Isoliermaterialien, industriellen Verbundwerkstoffen, Technologien für die Elektronikindustrie und isolierten Spezialleitern, sowie von Roll Infratec mit Bauguss/Industrieguss, Druckrohre/Industrieguss, Armaturen, Maschinen/Fördertechnik und dem Bau- und Landmaschinenhersteller Robert Aebi AG in Regensdorf.

Ludwig von Roll um 1825 - Altes Logo der Ludwig von Roll'schen Eisenwerke - Bis 1972 genutztes Logo